Woran Du gute Stoffqualitäten und Materialien erkennst

29. Dez 2017 | Basis Knowhow & Farbe, Einkaufen, Nachhaltigkeit

Häufig sagen mir Kunden in der Stilberatung, dass gute Qualitäten und Stoffe automatisch teuer sind. Aber das muss nicht sein. Es gibt im hochpreisigen Segment durchaus Qualitäten, die man bei den günstigeren Anbietern genauso findet. Aber oft ist es anders herum. Da ich viele Jahre Textilkunde im Studium hatte, bekommst Du hier Basis-Tipps über Stoffe und Materialien.

So erkennst Du bei den bekannten Modeketten Kleidungsstücke von guter Qualität

Der Shoppingfrust kann schnell kommen, wenn Kleidungsstücke, die man neu gekauft hat, schon nach kurzer Zeit grobe Abnutzungserscheinungen aufweisen. Am häufigsten ist das der Fall, wenn Du Acryl- oder Polyesterkleidung in den bekannten günstigen Modeketten eingekauft hast. Aufgrund des Preises wird hier natürlich am Material gespart, aber mit ein paar einfachen Tricks erkennst Du auch bei H&M, Orsay und Co. die bessere Qualität:

Gute Materialien und Stoffe

Qualitativ wertvolle Stoffe sollten mindestens einen Anteil an hochwertigen Naturfasern dabei haben – also Wolle, Seide, Leinen, und bei Baumwolle hochwertige Qualitäten. (Pima-Baumwolle und mercerisierte, gechinzte oder feine Batistware sind die besten Qualitäten. Neuerdings gibt es auch häufig Lyocell, eine Faser aus Holz, die industriell hergestellt ist.)

Baumwolle: Ob Du T-Shirts mit oder ohne Elasthan lieber magst, ist reine Geschmackssache.

Du solltest beim Kauf von 100% Baumwolle auf den Fadenlauf achten. Schau, ob die feinen Maschen gerade laufen.

Tun sie dies nicht und sind leicht diagonal, entsteht nach einigem Waschen eine schiefe Seitennaht, die sich nach vorne zieht.

Vorallem wenn das T-Shirt einen Druck oder eine Applikation auf der Brust enthält, wird sich dieser schnell verziehen. T-Shirts mit Elasthananteil sind dagegen elastischer und halten länger die Form. Man darf sie allerdings nicht so heiss waschen wie reine Baumwolle, maximal 30 Grad Feinwäsche.

Poloshirt mit geradem Fadenlauf
Gerader Fadenlauf

Bei schwarzen Stoffen mit einem 5 % Elasthananteil besteht immer die Gefahr, dass der Elasthananteil schnell ausbleicht- denn Elasthan kann man nicht gut färben. Das sieht man am häufigsten bei schwarzen Jeans. Daher sollte man Kleidungsstücke aus dieser Materialkombination wirklich nur bei 30 Grad Feinwäsche waschen. Sonst ergibt das nach einigen Wäschen den typischen ausgewaschenen Grauschleier.

Ausgewaschene Jeans durch zu heisses Waschen

Mischgewebe sind oft gute Stoffqualitäten

Reine Naturfasern haben auch Nachteile, so knittert Baumwolle zum Beispiel recht leicht. Ein Polyesteranteil in der Kombination macht die Haltbarkeit von Baumwolle, Wolle und Viscose besser. Das Material leiert oder knitterte dann insgesamt nicht so stark. Daher ist es grundsätzlich auch in Ordnung, Mischungen aus verschiedenen Materialien zu wählen. Baumwoll- oder Viscose/ Polyestermischungen sind zum Beispiel prima, sie geben der Baumwolle Stand und die Farbe bleicht nicht so leicht aus.

Wenn Du allerdings liest: „Wollpullover“ und im Etikett steht dann 85% Acryl und 15% Wolle, ist das Mist.

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Acryl Stoffe

In Kleidung oder Schals steckt meist Polyacrylnitril, welches wie Polyester chemisch hergestellt wird. Die Faser ist wollartig, warm, fühlt sich weich an und knittert nicht so leicht. Gerade zu Beginn und beim Kauf denkt man: „Wow- ist das schön weich und kuschelig“. Aber Acryl wärmt nicht gut und speichert keine Feuchtigkeit, deswegen müffelt man auch so leicht darin.

Nachteile von Acryl Stoff

Es pillert leicht und man kriegt sehr leicht einen Schlag. Ausserdem fliegen die Haare sehr oft beim Tragen dieser Kunstfaser. Als Beimischung kann man es dulden, aber lange halten wird es sicherlich nicht.

Aus ökologischen Gründen sind Kunstfasern sowieso nicht vertretbar, weil es viele hundert Jahre braucht, um sich zu zersetzen und damit die Umwelt belastet.

Diller-yourself-Materialpflege-Fusselrasierer
Fusselrasierer

So testest Du gute Stoffe

Reibe für mind. 10 Sekunden zwei Schichten des Strickpullis mit Druck aneinander. Wenn sich kleine Kügelchen, das sogenannte Pilling bildet, ist das ein Zeichen für schlechte Qualität. Wenn Du schon diverse solcher Pillings an Deinem Pullover hast, empfehle ich gerne einen sogenannten Fusselrasierer. In der Kurzwarenabteilng von Kaufhäusern kann man sie kaufen oder bestellen.

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Reine Kunstfaser wie Polyester

ist knitterfrei, reißfest, witterungsbeständig und nimmt nur sehr wenig Wasser auf – daher ist es vor allem für funktionale Sportkleidung geeignet. Und dafür ist es urspünglich auch entwickelt worden. Das erklärt aber auch, warum man sich darin nicht wohlfühlt, wenn man es den ganzen Tag trägt: Die Fasern können die tägliche Menge an Köperflüssigkeit einfach nicht aufnehmen! Der Schweiss wird nach außen abgeleitet, klebt auf der Haut und man müffelt daher auch schnell und viele Menschen fühlen sich deshalb zu recht unwohl.

Es gibt seit einigen Jahren sehr viel Polyester auf dem Markt, da es sehr günstig in der Herstellung ist. Zudem versprechen uns viele Hersteller, dass ihr Polyester nachhaltig sei, das ist aber zu 95% Quatsch.

Polyester ist nicht nachhaltig!

Polyester (PES) ist wie eine Plastiktüte aus Erdöl hergestellt und nicht nachhaltig, weil es sich nicht zersetzt und abbaut. Deshalb schwitzt man auch so leicht darin.

Es gibt zwar verschieden gute Qualitäten und das Polyester aus den 70er Jahren ist nicht mehr mit dem von heute zu vergleichen, dennoch bleibt immer dieser grundsätzliche Nachteil. Ich hatte schon Kunden, die keinerlei Probleme damit haben, weil sie sowieso eher der verfrorene Typ sind und kaum schwitzen- dann mag es funktioniern. Alternativ kannst Du das Problem lösen, indem Du immer ein Baumwolltop oder T-Shirt darunter trägst – das funktioniert. Aber überleg Dir bei jedem Kauf, ob Du das Kleidungsstück lange tragen wirst – der Umwelt zuliebe!

Viskose – ein hochwertiger Stoff?

Viscose wird aus Cellulose hergestellt, die wiederum aus Pflanzenfasern gewonnen wird – unter anderem aus Holz oder Baumwolle. Diese wird dann mit Chemikalien behandelt, um Viskose herzustellen. Ich empfehle Viskose gerne für Blusen und Kleider, denn sie hat zwei gute Eigenschaften: Einen fließenden glatten Fall, sie kann hochglänzend bedruckt werden und ist nicht so teuer wie Seide.

Viscose ist prima, man kann sie gut waschen, aber sie knittert leicht und läuft 3-5 % ein.

Daher muss man sie auch immer bügeln. Mein Tipp: nach der Wäsche unbedingt in Form ziehen- in der Länge wie Breite und nicht zu eng kaufen!

Als Beimischung in Damenhosen findet man oft Stoffe, die aus Polyester und Viscose gemischt sind, das ist ok.

Greife beim Kauf einer Viscoseware in das Material hinein und drücken es mit der Faust zusammen.

Springt es danach einigermassen glatt wieder zurück, ist die Qualität in Ordnung. Bleibt es voller Knitter wie ein Stück zerknüllte Zeitung zurück, solltest Du die Finger davon lassen.

Hochwertige Stoffe – gute Verarbeitung und Qualität erkennen

Preiswerte Mode bedeutet nicht zwangsläufig schlechte Qualität. Achte beim Kauf vor allem auf die Verarbeitung. Prüfe, ob Nähte und Futter sauber vernäht wurden und glatt sind. Das geht am besten, wenn Du den Stoff an den Nähten etwas auseinander ziehst. Hält es oder bilden sich sofort feine Risse im Stoff? Zieht oder kräuselt sich eine Naht, ist sie mit zu hoher Fadenspannung genäht worden und wird somit immer unruhig aussehen. Ausserdem ist sie dann schwerer zu bügeln. Das sieht man häufiger an Knopfleisten bei Herrenhemden oder Damenblusen.

Bei Kleidungsstücken mit Knöpfen ist es ein Qualitätsmerkmal, wenn sich ein Ersatzknopf findet. Teste bei Hosen und Jacken außerdem den Reißverschluss. Wenn er sich problemlos öffnen und schließen lässt, wurde sauber gearbeitet. Zweiwege-Reißverschlüsse gehen übrigens häufiger kaputt.

Diller-yourself-Material

Hochwertige Stoffe – der Geruchs- und Fühl-Test

Verlass Dich im Laden außerdem auf Deine Sinne. Mach den Geruchstest. Riecht das Oberteil oder der Schal allzu künstlich, lass lieber die Finger davon. Besonders auffällig ist das bei günstigen Wollpullovern, die nach Reisswolle, Papier und muffig riechen. Daran läßt sich erkennen, ob sie aus Wollresten zusammengesetzt wurden.

Oftmals werden in der Textilproduktion auch chemische Ausrüstungen eingesetzt, um Materialien bestimmte Eigenschaften zu geben. PFC wird z.B. eingesetzt, um die Kleidung wasserdicht auszurüsten. Auch Kunstleder enthält oft Phathalate, die genutzt werden, um das Hartplastik PVC weicher zu machen. Das ist ungesund für unseren Körper und diese Gerüche gehen nie weg! Gerade Kinderregenbekleidung sollte man daher besonders kritisch prüfen.

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Anprobieren ist das A und O

Neben einer sauberen Verarbeitung ist eine gute Passform das Zweitwichtigste auf Deiner Checkliste. Das heißt: Probiere Kleidung vor dem Kauf immer an. Auf dem Bügel sieht ein Teil meist anders aus als angezogen. Ein weiterer Tipp: Beweg Dich in dem gewünschten Kleidungsstück. Mach ein paar Schritte, heb die Arme und geh in die Hocke. Dabei wird sich zeigen, wie gut der Schnitt für Dich ist. Ist er dehnbar und bleibt er in Form? Fühlt er sich gut an auf der Haut?

Hochwertige Anzugstoffe

Guter Stoff ist, ein wenig Übung vorausgesetzt, nicht besonders schwierig von weniger gutem zu unterscheiden.

Nimm den Stoff eines Anzugärmels zwischen Daumen und Zeigefinger und drück ihn zuerst leicht, dann kräftiger zusammen:

Das Material sollte nicht zu nachgiebig sein und keine scharfe Kante oder Falten zeigen. Lockert man den Druck, sollte der Stoff elastisch genug sein, um mühelos in seine Ausgangslage zurückzuspringen, ohne dass sichtbare Spuren zurückbleiben. Guter Stoff fühlt sich eher trocken an und zeigt einen leichten Widerstand, man hört sogar eine Art Knirschen. Schlechter Stoff ist leblos.

Was ist schließlich einiges Drücken, Reiben und Zupfen im Vergleich zu einem ganzen Tag im Büro — am Körper des Trägers?

Extrafein: Kaschmir

Kaschmir erkennt man am besonders weichen Griff. Kaschmir Wolle von den in der Mongolei, Iran und China lebenden Kaschmirziegen ist nicht schwer zu gewinnen, aber wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften die hochwertigste „Wollsorte“. Was Kaschmir Wolle von allen anderen Wollarten unterscheidet, ist ihre Feinheit. Mit einem Durchmesser von nur 15 bis 19 Mikrometern haben die Haare gerade mal 1/6tel des Durchmessers eines durchschnittlichen Menschen-Haars.

Ein echter wertiger Kashmirschal ist so fein, dass er durch einen Fingerring gezogen werden kann. Diese Feinheit ist für das angenehm weiche Gefühl auf der Haut verantwortlich, das Kaschmir-Fans (wie ich auch) so lieben.

Kaschmir richtig pflegen

Guten vom schlechtem Kaschmir zu unterscheiden ist schwer. Ich hatte schon Pullover für € 99,- die jahrelang ohne das für Kaschmir typische Pilling ausgehalten haben. Und ich hatte eine Strickjacke für € 300,- die nach einem Winter recht mitgenommen aussah. Da kann ich Dir leider keinen Tipp geben, denn man steckt nicht drin.

Nur so viel: Kaschmir kann man wunderbar im Wollwaschgang mit Wollwaschmittel waschen und liegend auf einem Handtuch trocknen. Es ist eine Naturfaser, Du musst sie nicht in die Reinigung bringen. Ich liebe das weiche, kuschelige und so sehr angenehme Material auf der Haut sehr. Es fällt durch sein Gewicht auch immer viel leichter und sieht edler aus als klassische Wollpullover.

Einen hochwertigen Kaschmirschal kannst Du durch einen Fingerring ziehen!

So ein Schal wird Dich wärmen wie ein dickes schweres Federbett, sich aber so leicht anfühlen wie eine Wolke. Ist also ideal für kalte Winter, Reisen mit Flugzeug oder Bahn, an einem kühlen Sommerabend oder für Feiern mit unvorhersehbarem Wetter. Ich wünsche Dir viel Spaß und Erfolg beim Material auswählen.

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